Wohnen ist teuer. Steyr steuert dagegen. Inneres Ennstal von Abwanderung betroffen.
Vor allem junge Menschen, die keine SpitzenverdienerInnen sind, können sich eine Wohnung heutzutage kaum noch leisten. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung muss mehr als die Hälfte des Einkommens allein fürs Wohnen ausgeben. Da bleibt nur wenig Geld zum Leben. Der SPÖ-Landtagsklub setzt sich deshalb konsequent für leistbares Wohnen ein. Auf Landtagsebene gibt es dazu eine ganze Reihe von politischen Initiativen, die aktuell im Unterausschuss Wohnen beraten werden.
Jetzt geht der SPÖ-Landtagsklub einen Schritt weiter und richtet sich direkt an die Bevölkerung – mit einer doppelten Motivation: „Einerseits geht es darum, der Öffentlichkeit die Hintergründe für das teure Wohnen aufzuzeigen. Darauf aufbauend bietet die Kampagne des SPÖ-Landtagsklubs konkrete Auswege aus der Mietpreisfalle an – damit Wohnen wieder leistbar wird“, sagt SPÖ-Klubobmann Christian Makor.
3. Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer ergänzt: „Steyr-Stadt ist gerade beim ‚Jungen Wohnen‘ vorbildlich.“
Vizebürgermeisterin Ingrid Weixlberger dazu: „Die GWG der Stadt Steyr bietet mit der Aktion ‚5×4‘ ein langjähriges Service für HausstandsgründerInnen bis 30 Jahre. Zum Fixpreis von 5 Euro je Quadratmeter und für die Dauer von vier Jahren gibt es eine Wohnung im Stadtteil Resthof. Diese Wohnung kann natürlich nach Ablauf dieser Zeit weiter zu den normalen Kosten gemietet werden.“
In Steyr, so die Vizebürgermeisterin, wurde zudem ein Beschluss im Gemeinderat gefasst, um Grundreserven für den sozialen Wohnbau zu schaffen. Ingrid Weixlberger: „Bei großflächigen Neuwidmungen kann nun ein Teil des Baulandes für den sozialen Wohnbau gesichert werden. “
Ternbergs Bürgermeister Leopold Steindler weiß, „dass es durchaus günstige Mietwohnungen gibt, aber alles was neueren Datums ist, kostet schon 8 bis 10 Euro pro Quadratmeter.“ Er kann sich für die ländliche Region eine eigens konzipierte Wohnbauförderung vorstellen. „Vor allem im inneren Ennstal, also südlich von Ternberg, ist die Landflucht ein Problem“, so der Ternberger Bürgermeister
Generell bleibt die Frage: Warum ist das Wohnen teuer?
Wohnen ist ein Grundbedürfnis, das nicht durch ein anderes ersetzt werden kann. Man könnte verkürzt sagen „wir müssen wohnen“. Für einen großen Teil der Bevölkerung ist es jedoch gar nicht möglich, selbst Eigentum an Wohnraum zu schaffen. Sie sind daher auf die Angebote von Mietwohnungen angewiesen. Diese wiederum sind vielerorts ein knappes Gut. Das treibt in einer rein marktgesteuerten Wirtschaft die Preise hoch. Vor diesem Problem stehen wir bereits seit Jahren und deshalb steigen die Mieten im Durchschnitt doppelt so stark wie die allgemeine Teuerung.
Gibt es da nicht gesetzliche Mietzinsregelungen?
Ja, die gibt es. Nur finden sie in der Praxis kaum Anwendung. Die sogenannten „Richtwertmieten“ gelten nur für wenige Altbauten. Offiziell wurde der „Richtwert“ für Oberösterreich vor wenigen Tagen mit € 6,29/m² (ohne MwSt, ohne BK) bekannt gegeben. Um diesen Betrag findet man aber in jenen Gegenden, wo Wohnungen stark nachgefragt werden – etwa im Zentralraum –, kaum Angebote. Dort herrscht das beinharte Marktgesetz von Angebot und Nachfrage – und genau das treibt die Mieten ständig in noch höhere Preisdimensionen. 2018 lag in der Landeshauptstadt Linz der Durchschnittspreis für 60m²-Wohnungen bei € 8,8/m² (ohne MwSt, ohne BK). Sollte man das Glück haben, eine Privatwohnung zu finden, für die der „Richtwert“ gilt, dann ist das leider auch kein Grund zur Entwarnung. Ein wirres System aus Zuschlägen hat dazu geführt, dass für „gute Lage“, „gute Verkehrsanbindung“, „Lift“ oder sogar für selbstverständliche Merkmale wie „Gegensprechanlage“ oder „Waschmaschinenanschluss“ Zuschläge verrechnet werden, so dass sich die Richtwertmiete am Ende des Tages kaum mehr von der „Marktmiete“ unterscheidet.
Steyr ist bei Mieten unter großen Städten am günstigsten
3. Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer sagt: „Steyr erlebt seit Jahren einen Bauboom. An die 700 Wohnungen wurden kürzlich fertiggestellt, sind in Bau oder in Planung. Es ist daher anzunehmen, dass die Durchschnittsmiete in Steyr mit 6,3 Euro je Quadratmeter auch auf das gute Angebot zurückzuführen ist. Unter den Statutarstädten ist Steyr damit am günstigsten. Aber auch in anderen oberösterreichischen Regionen ist nach den Daten des Immopreisspiegels von Juni 2018 eine Mietwohnung zum Teil empfindlich teurer als in Steyr.“
Fast 46.000 Einzelpersonen und Familien auf Wohnungssuche in Oberösterreich:
Im Jahr 2018 waren 45.819 Familien und Einzelpersonen wohnungssuchend gemeldet. Das entspricht einem Anteil von 7,4% aller Haushalte in Oberösterreich (620.000). Bei vielen dieser Wohnungssuchenden handelt es sich um junge Menschen, die aus dem elterlichen Haushalt ausziehen wollen, um einen eigenen Hausstand zu gründen.
Wohnungssuchende Einzelpersonen und Familien in den Bezirken
Bezirk | Gesuchte Wohnungen | Anteil am Landesbedarf |
Linz | 27.806 | 60,7% |
Linz-Land | 2.478 | 5,4% |
Wels | 1.932 | 4,2% |
Wels-Land | 682 | 1,5% |
Steyr | 444 | 1% |
Steyr-Land | 361 | 0,8% |
Urfahr-Umgebung | 755 | 1,6% |
Freistadt | 791 | 1,7% |
Perg | 813 | 1,8% |
Rohrbach | 265 | 0,6% |
Schärding | 276 | 0,6% |
Ried | 814 | 1,8% |
Braunau | 3.442 | 7,5% |
Gmunden | 1.331 | 2,9% |
Vöcklabruck | 1.385 | 3,0% |
Kirchdorf | 381 | 0,8% |
Eferding | 642 | 1,4% |
Grieskirchen | 306 | 0,7% |
Quelle: Land OÖ, Abteilung Statistik, Rest auf 45.819 sind 915 Wohnungssuchende mit „keine Angabe“ eines Bezirks
Bietet die Landes-Wohnbeihilfe Unterstützung für jene, die Hilfe brauchen?
Leider kaum. Die Wohnbeihilfe des Landes Oberösterreich ist entwertet und in einem kaputten Gesetz gefangen. Das am schwersten wiegende Problem ist die im § 2 (3a) Oö. Wohnbeihilfen-Verordnung verankerte „Obergrenze des anrechenbaren Wohnungsaufwands“, der maximal 7 Euro inkl. USt. pro Quadratmeter ausmachen darf. Diese Obergrenze gilt seit dem Jahr 2009 für allen privaten Vermietungen. Im Jahr 2009 hat das auch tatsächlich Sinn gemacht, weil die Obergrenze in einem realistischen Verhältnis zu den marktüblichen Mieten gestanden ist. Das ist heute völlig anders. Im Zeitraum 2009-2019 sind die Mieten doppelt so stark gestiegen wie die allgemeine Teuerung. Die Wohnbeihilfen-Obergrenze ist hingegen gar nicht angehoben worden – nicht einmal im Ausmaß der allgemeinen Teuerung! Diese falsche Politik des FPÖ-Wohnbaureferenten hat dazu geführt, dass Jahr für Jahr die Zahl der Wohnbeihilfen-Empfänger gesunken ist und die Ausgaben für die Wohnbeihilfe im Jahr 2018 um ein Drittel niedriger als im Jahr 2009 waren. Die Statistik macht das deutlich: In den Jahren 2011-2018 wurde im Vergleich zum 2010er-Jahr insgesamt um 136,3 Millionen Euro weniger an Wohnbeihilfe ausbezahlt.
Entwicklung der ausbezahlten Wohnbeihilfen des Landes Oberösterreich
Jahr | Ausbezahlte Wohnbeihilfe | Vergleich zu 2010 |
2009 | 83,6 Mio | |
2010 | 85,1 Mio | 0 |
2011 | 80,5 Mio | -4,6 Mio |
2012 | 73,9 Mio | -11,2 Mio |
2013 | 72,2 Mio | -12,9 Mio |
2014 | 67,4 Mio | -17,7 Mio |
2015 | 66,1 Mio | -19 Mio |
2016 | 65,3 Mio | -19,8 Mio |
2017 | 62,7 Mio | -22,4 Mio |
2018 | 56,4 Mio | -28,7 Mio |
Quelle Rechnungsabschlüsse des Landes OÖ, Wohnbau-Bilanz-PK Land OÖ vom 18.1.19
Treffen diese Kürzungen auch besonders Bedürftige?
„Ja. Tatsächlich sind Menschen mit geringem Einkommen sogar besonders gefährdet keine Wohnbeihilfe zu erhalten, weil das Budget wohl nur für eine sehr kleine Wohnung reicht. Bei Kleinwohnungen ist aber der Quadratmeter-Preis erfahrungsgemäß höher als bei Durchschnittswohnungen“, so Christian Makor.
Gerda Weichsler-Hauer: „Bei meinen Sprechstunden bin ich immer wieder mit exakt diesem Anliegen konfrontiert.“
Insgesamt haben die Zahlen der WohnbeihilfenbezieherInnen seit 2010 von 36.968 auf nur mehr 27.647 im Jahr 2018 um mehr als ein Viertel abgenommen.
SPÖ-Klub zeigt Weg zu leistbarem Wohnen vor:
Mietbremse, Wohnbauoffensive & Wohnbeihilfe neu
„Wohnen ist so teuer geworden, dass kein verantwortungsbewusster Politiker mehr wegschauen darf. Wir stehen klar auf Seiten der MieterInnen und Wohnungssuchenden und zeigen machbare Lösungen auf – mit dem 3-Punkte-Plan für leistbares Wohnen: Gesetzliche Mietbremse, mehr Mietwohnbau und die Reparatur der kaputten Wohnbeihilfen-Regelung“, so SPÖ-Wohnbausprecher Christian Makor. Dazu kommt als 4. Punkt der Vorschlag von Ternbergs Bürgermeister Leopold Steindler, eine regionalisierte Wohnbauförderung einzuführen.
- Gesetzliche Mietbremse: Mieten steigen maximal wie allgemeine Teuerung
Gerade weil das Mietrechtsgesetz dermaßen veraltet ist, dass die bestehenden Mietzinsregelungen des Richtwertsystems nicht mehr greifen, ist dringend eine bundesgesetzliche Neuregelung erforderlich. „Es gibt dazu bereits visionäre Vorschläge für ein Einheitsmietrecht, das für alle Häuser und Wohnungen gelten soll. Bis ein solches wirklich umgesetzt wird, brauchen die Mieterinnen und Mieter aber eine gesetzliche Mietbremse als Sofortmaßnahme! Diese muss gewährleisten, dass die Mieten nicht länger die Preistreiber der Inflation sind, sondern höchstens gleich schnell wie die allgemeine Teuerung steigen“, macht Makor deutlich. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die unterschiedlichsten Modelle vorstellbar – von exakten Preisbindungen wie bei gemeinnützigen Wohnungen bis hin zu einer Bindung an den Durchschnittsmarktpreis. Auch internationale Erfahrungen sollen bei der Auswahl des optimalen Systems einbezogen werden.
- Mehr gemeinnützige Wohnungen: Druck auf den Wohnungsmarkt verringern
Der Wohnbau ist im vergangenen Jahrzehnt – Steyr ist ausdrücklich ausgenommen – zum Stiefkind der Politik geworden. „Man gewinnt fast den Eindruck, dass die Immobilienhaie bei den politischen Gesprächen dabei sitzen und dafür sorgen, dass nichts weitergeht. Sie profitieren nämlich vom Stillstand beim Mietrecht ebenso wie von der Aushöhlung der Wohnbaubudgets – weil das die Mieten umso stärker steigen lässt“, kritisiert Makor scharf.
„Das Geld für eine Wohnbauoffensive von zumindest 1.000 zusätzlichen Mietwohnungen ist da, wenn man nur das Wohnbaubudget zu seiner langjährigen Stärke zurückführt“, konkretisiert Makor. Die neue unternehmerische Buchführung des Landes käme dabei sogar zu Hilfe. Denn Wohnbau-Investitionen sind nachhaltig und „tragen sich selbst“, wenn man damit leistbare Wohnungen in jenen Gebieten mit hohem Bedarf errichtet.
- Wohnbeihilfe reparieren: Damit Wohnen wieder leistbar wird.
Die oberösterreichische Wohnbeihilfe ist jenes soziale Netz, dass Wohnen auch für jene Menschen ermöglicht, die nur über ein geringes Einkommen verfügen. Die Einkommenshürden werden auch regelmäßig gesetzlich nachgebessert. Sonst könnten bereits normale jährliche Gehaltsanpassungen dazu führen, dass man die Wohnbeihilfe verliert. An der zweiten – genauso wichtigen – Schranke hat der zuständige Wohnbaureferent aber noch nie gedreht. Wohnungen, die mehr als € 7/m² kosten, sind grundsätzlich nicht wohnbeihilfenfähig. Diese Schranke hat im Jahr 2009 – als sie zuletzt angepasst wurde – Sinn ergeben. Heute ist sie hingegen Unsinn. Gerade in jenen Gegenden Oberösterreichs, wo der Wohnbedarf hoch ist, liegt der Quadratmeterpreis im Durchschnitt über € 7/m². Wohnbeihilfe können daher nur mehr jene bekommen, die über einen günstigen unbefristeten Mietvertrag verfügen.
- Durch regionalisierte Wohnbauförderung den ländlichen Raum stärken
Leistbare Wohnmöglichkeiten, speziell im Mietbereich, müssen auch verstärkt im ländlichen Raum geschaffen werden. Wohnen in peripheren Gegenden muss billiger werden. Die BewohnerInnen am Land kämpfen ohnehin schon mit erhöhten Lebenserhaltungskosten. „Die Wohnbau-Politik müsste daher die Rahmenbedingungen und ein Angebot an leistbaren Wohnungen in den Land-Gemeinden, besonders in Abwanderungsgemeinden, schaffen“, sagt Leopold Steindler, der im Meinungsaustausch mit anderen Bürgermeistern steht.
Die „Leere Taschen“-Wohnen-Kampagne des SPÖ-Landtagsklubs
„Im Landtag haben wir mit fundierten Sachanträgen die nötigen rechtlichen Samen gepflanzt. Jetzt geht es darum, in Koalition mit der Bevölkerung den politischen Druck zu erhöhen“, formuliert SPÖ-Klubvorsitzender Christian Makor den Anspruch im Kampagnenmonat April.
Auf der Kampagnen-Website www.jungeswohnen.rocks sind die Forderungen zusammengefasst. „Junge Menschen sind wegen Wohnungssuche und geringen Einkommen am schwersten betroffen. Es sind aber alle Altersgruppen eingeladen, sich zu beteiligen, ihre Situation zu schildern und gemeinsam mit uns die nötigen Schritte zu gehen, damit Wohnen wieder leistbar wird“, so Christian Makor.